Die Floßfahrt 2000 (oder wie uns die Steinzeit fast wieder einholte)
Akt 1 (Vorspiel)
Bereits bei der Floßfahrt 1999 reifte in uns der Entschluß, die Fahrt 2000 auf der Oder-Havel- Wasserstraße (einschließlich Schiffshebewerk in Niederfinow) stattfinden zu lassen. Die Hürden der Bürokratie erwiesen sich jedoch als fast unüberwindlich. Erst nach einer an das zuständige Ministerium in Bonn gerichteten Eingabe half die zuständige Schifffahrtsdirektion in Berlin, zum Gelingen des Projektes beizutragen. Der dabei gezeigte Einsatz der Verwaltung überstieg das Maß des Normalen dann aber gewaltig. Der Verfasser hätte es kaum für möglich gehalten, dass binnen Wochenfrist technische Abnahme des Schwimmkörpers und Erteilung der Genehmigung erfolgreich abgeschlossen wurde. An dieser Stelle sei nochmals den Herren Pohl (Schifffahrtsdirektion Berlin) und Stolle (WSA Eberswalde) ein mehr als herzliches Dankeschön ausgesprochen. Wenn auch Herr Fleischmann (WSA Eberswalde) prinzipielle Einwendungen gegen das Projekt nicht verschwieg, hat er gleichwohl zum Billigtarif von 45 DM die Genehmigung erteilt.
Akt 2 (Das lange Warten)
Auf dem Flößertreffen im Februar hatten wir uns bereits Gedanken über die Konstruktion eines leistungsfähigen Antriebes gemacht. Dabei standen letztlich eine Konstruktion mit Schaufelrädern an der Seite (Mississippi-Dampfer) oder eine Schraubenantrieb zur Debatte. Der notwendige Durchmesser der Schaufelräder (1,80 m) veranlaßte Mitflößer Haufi, dem Schraubenantrieb den Vorzug zu geben. Leider gelang es bis zum Probeflößen im Mai nur, den Antrieb gedanklich fertigzustellen. Die Beschaffung des Materials (1 Kreuzgelenk Marke Trabant, 1 Knarrengelenk Marke unbekannt und 2 Lüftungsräder), angetrieben über eine doppelte Tretkurbel standen am 30.5.2000 für einen trockenen Probelauf zur Verfügung. Der erzeugte Luftstrom ließ uns die Haare zu Berge stehen und die Hoffnung auf einen Vortrieb im Fußgängertempo schien bestätigt.
Akt 3 (Die Überraschung)
Am 1.6.2000 erschien die gesamte Besatzung sowie die Fahrer Marion und Uwe pünktlich um 7.00 Uhr, um zur Oder-Havel-Wasserstraße ( km 69,9 in Eberswalde) aufzubrechen. Der Aufbau des Floßes begann um 8.00 und wurde um 8.45 erfolgreich abgeschlossen. Flößer Haufi (der Konstrukteur des Antriebes) brachte LKW und Anhänger zum Zielpunkt nach Oderberg. Um den Antrieb einer ersten Belastungsprobe zu unterziehen, wurde zum Zwecke einer kurzen Probefahrt zum gegenüberliegenden Ufer abgelegt. Leider war die Probefahrt nicht kurz genug. Nachdem Flößer Matti und Dennis mit erheblichem Schweiß auf der Stirn den Tretantrieb auf 10 Umdrehungen (insgesamt, nicht pro Minute) beschleunigt hatten, verabschiedete sich mit einem lauten Knall die Hälfte des Antriebes (Riß der Schweißnaht an der Kurbel). Die eingesetzte Kraft von 4 Beinen und die Menge des durchgequirrlten Wassers hatten die Hälfte des Antriebes geschafft, ohne für jeglichen Vortrieb zu sorgen. Das Floß wurde an Land gepaddelt, der Antrieb um eine Schraube erleichtert. Leider (oder natürlich) veränderte sich damit das Verhältnis zwischen Tretkurbeln und Schrauben nicht. Es überraschte daher nicht mehr, als sich nach weiteren 5 Minuten der Antrieb völlig verabschiedete (Riß der Schweißnaht an der zweiten und letzten Kurbel): In diesen 5 Minuten haben wir allerdings die leidvolle Erfahrung machen müssen, dass kein Lüftungsrad dieser Welt eine Schiffsschraube ersetzen kann.
Akt 4 (Rückfall in die Steinzeit)
Die Entfernung zwischen dem Startplatz in Eberswalde und dem Schiffshebewerk beträgt ca. 7 km. Wir waren dem WSA Eberswalde außerordentlich für die Instandhaltung des Betriebsweges neben dem Kanal dankbar. Dieser Weg ermöglichte es jeweils 2 Personen der Besatzung, die Kunst des Treidelns wieder zu entdecken.
Sicherlich schadet es keinem, Erfahrungen auf bisher unbekannten Tätigkeitsgebieten zu machen. Das Ziehen von 1800 kg gehört jedoch nicht zu den Erfahrungen, die unbedingt gemacht werden müssen. Nach ca. 6 km und über 2 Stunden erreichten wir eine Anlegestelle, die auch mit LKW und Anhänger erreicht werden konnte. Die Stunde der Entscheidung war gekommen.
Akt 5 (Der Höhepunkt)
Wir kündigten unsere Ankunft im Schiffshebewerk an und baten, vom ursprünglichen Plan (Weiterfahrt nach Oderberg) wegen technischer Schwierigkeiten abweichen zu dürfen. Wir erhielten die freundliche Erlaubnis, den Fahrstuhl in beide Richtungen benutzen zu dürfen und treidelten unser Floß eine weitere Stunde bis zum Halteplatz für die Sportboote. Wenn auch unser Gefährt für ein erhebliches Erstaunen sorgte, boten uns ein Schiffsführer und 260 PS an, für den Transport in das Hebewerk hinein und wieder heraus Sorge zu tragen. Nach der bisher genossenen kärglichen Geschwindigkeit verfielen wir nunmehr in einen Geschwindigkeitsrausch. Die Einfahrt in das Hebewerk hat nicht nur uns, sondern auch das zahlreich vorhandene Publikum begeistert. Dem leider unbekannt gebliebenem freundlichen Helfer sei an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt.
Akt 6 (Der Ausklang)

Nach dem Verlassen des Schiffshebewerkes wurde das Treideln wieder aufgenommen, wobei allerdings der größte Teil der Besatzung diesmal das Floß verließ, um einen kleinen Spaziergang zu absolvieren. Diese Maßnahme kam dem ziehenden Personal erheblich zugute. Nach einer weiteren kurzen Ruderpartie erreichten wir schließlich die Anlegestelle 1 km vor dem Hebewerk. Um 16.00 war das Floß verladen und der Abtransport begann.
Akt 7 (Das Ende)
Wir hoffen, dem Schiffsverkehr mit unserem Herrentagsausflug keinen bleibenden Schaden zugefügt zu haben. In der kommenden Woche wird der Antrieb neu konstruiert und mit voller Beladung auf dem Peetzigsee getestet. Wir hoffen, die diesjährige Tour im nächsten Jahr -mit funktionsfähigem Antrieb- wiederholen zu können, um den diesbezüglich hinterlassenen schlechten Eindruck durch ein positives Erlebnis wieder ausgleichen zu können. Wie werden unser Bestes geben!
zum Floßbericht 2001
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